Ein Wort zur Zukunft von Social Responsibility (SR) (Stand Dezember 2008)
Ein System-Ansatz ware nützlich Man kann fast “alles” als System auffassen: ein System besteht aus Elementen und ihren Beziehungen untereinander. Elemente sind oft Subsysteme, die sich in weitere Elemente gliedern. Elemente werden von ihren Bestimmungsgrößen beeinflusst (Parameter).
Die Komplexität eines “Systems SR” kann man strukturieren Ein flüchtiger Blick auf die Komplexität von SR lässt leicht eine Reihe von Elementen erkennen und die Frage ist: Von welchen Parametern werden sie beeinflusst? In spontaner Überlegung kann man schon folgende Elemente auflisten, aber es gibt viel mehr:
Ebene
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Elemente
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Politik
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Verfassung, wer hat die ausführende Gewalt im Staat
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Parteien mit Regierungsverantwortung, rechts gerichtete oder linksgerichtete oder…
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Gesetzgebungs- und Rechtssystem
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Inkraftsetzungs- und Überwachungsmechanismen
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Einschlägige SR-Gesetze und Durchführungsverordnungen
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Nachbarländer
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Allianzen
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Verträge, Abkommen, Übereinkünfte
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Bereitschaft, Handlungen anderer Länder zu akzeptieren oder zu tolerieren
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Person
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Familie und andere persönliche Wurzeln
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Ausbildung
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Beziehungen zu anderen Personen
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SR-Erfahrungen
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Verhalten, Wille etwas zu verbessern
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Überzeugungen
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Netzwerke
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Organisation
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Überzeugungen der Führungsmannschaft
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Ausbildungsstand der Arbeitskräfte
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Gemeinsames Verstehen, Motivation zu helfen / etwas zu ändern
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Beziehungen zu anderen Organisationen
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Mitgliedschaft in externen Verbänden und anderen Organisationen
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Wirtschaftliche Lage, kurzfristig, langfristig
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Ein flüchtiger Blick ist sicher nicht vollständig. Um Vollständigkeit zu erreichen, gilt:
- Die SR-Elemente müssen identifiziert und in eine systematische Ordnung gebracht werden
- Dann müssen die Beziehungen der Elemente untereinander analysiert werden und
- Für jedes Element müssen die Bestimmungsfaktoren (Parameter) definiert werden.
Forschungsbasierte Weiterentwicklung Hier ist Forschungsbedarf angesagt und am Ende wird ein multidimensionales SR-System stehen. Im Vergleich dazu hat die Arbeitsgruppe SR den ganz normalen Normungsansatz verfolgt: Sammeln und Prioritätenfestlegung von Themen, die die Arbeitsgruppenmitglieder (Experten“ und Beobachter“) für wichtig halten; siehe Abschnitt 6 des CD1 zu Schlüsselthemen und Aktionspunkten (core subjects and issues). Bei allem gebotenen Respekt vor den Beitragenden und bei Würdigung des engen Zeitplanes: der jetzige CD1 kann nur der erste Versuch einer internationalen Norm sein und es ist ein vergleichsweise kleiner Versuch, der eine begrenzte Zahl von Elementen behandelt, ihren Parametern wenige Gedanken widmet und die Beziehungen der Elemente untereinander kaum anspricht.
Nun, man kann fragen, ob so ein systematischerer Ansatz nicht über die Aufgabenstellung des Projektes hinaus geht und die Antwort wäre JA. Dennoch bleibt die Frage, ob die im CD1 behandelten Elemente die zutreffendsten, wichtigsten und wirksamsten sind, um SR weltweit voran zu bringen. Es wäre sicher wertvoll, sie gegen die Elemente o.g. multidimensionalen SR-Systems zu spiegeln und dadurch eine viel soliderere Grundlage für die Weiterentwicklung der Beratungsnorm (Guidance Standard) zu erhalten.
Andere SR-Kodizes und Standards leiden unter dem gleichen Mangel: sie behandeln auch nur einige Elemente des multidimensionalen SR-Systems. Aber die ISO sollte ihrem guten globalen Ansehen gerecht werden und besser sein als diese anderen und sich aufgerufen fühlen, bei diesem komplexen Projekt den systematischeren Ansatz zu verfolgen.
Die SR-Praxis reicht von globalen bis zu lokalen Aktionen Die Ilo-Konventionen, der UN Global Compact, der OECD-leitfaden für multinationale Unternehmen und andere internationale Dokumente sind gut bekannt und richten sich im Wesentlichen an größere Organisationen mit grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das ist das eine Ende: die internationale Ebene.
Am anderen Ende ist es heute Tatsache, dass unzählige Aktionen bereits laufen: auf persönlicher, kooperativer, örtlicher, nationaler und regionaler Ebene, und ständig werden neue Initiativen ins Leben gerufen.
Als regionales und nationales Beispiel sollen “CSR Europe”, siehe http://www.csreurope.org/ , und “CSR Germany”, siehe http://www.csrgermany.de , genannt werden: Initiativen, bei denen Regierungen und Industrie zusammenarbeiten.
Ein örtliches Beispiel ist die Bäckerei um die Ecke: die Kundschaft würde bei unsozialem Verhalten des Bäckers sein Brot nicht mehr kaufen und die Bäckerei wäre pleite!
Ein weiteres Beispiel von örtlicher Mikro-SR“: in einem Dorf auf der Schwäbischen Alb wohnt eine Familie, deren Vater durch einen Unfall ums Leben gekommen ist. Nun fehlt Geld und der Sohn kann keine höhere Ausbildung mehr erhalten. Der Schreiner im Dorf erfährt davon und bietet ihm eine Lehre an, damit er seinen Lebensunterhalt einst selbst verdienen kann.
Ein weiteres Beispiel von örtlicher “Mikro-SR”, das am 22. Dezember 2008 vom Bayrischen Rundfunk berichtet wurde: der Eigentümer eines Familienunternehmens in Niederbayern übernimmt ab sofort die Kindergartengebühren für alle Kinder seiner 125 Mitarbeiter.
Weitere Beispiele gibt es unter Good Examples. Es gibt Millionen solcher Mikro-SR-Taten, die auf kulturellen und persönlichen Überzeugungen fußen, und sie finden ohne Kenntnis irgendwelcher Standards und Normen statt, täglich und auf der ganzen Welt. Hier sind wir bei der persönlichen gesellschaftlichen Verantwortung und der von kleinen und mittleren Organisationen.
Wie sollte es mit der ISO 26000 Entwicklung weitergehen? Zurück zum multidimensionalen SR-System: nach erfolgreicher Forschung zu den SR-Elementen, ihren Beziehungen untereinander und ihren Parametern können die wirklich wichtigsten, effizientesten und allgemein akzeptierten Elemente im nächsten Entwurf (CD2 oder DIS) behandelt werden. Eine erfolgreiche“ Forschung würde sicher auch die entscheidende Rolle der Regierungen einschließen.
Noch einmal zur Rolle der Regierungen: SR kann nur in Ländern erfolgreich sein, deren Rechtssystem die Bürger wirksam schützt. Heute ist zu beobachten, dass effiziente Rechtssysteme vor allem in den Ländern fehlen, die den größten Bedarf an SR-Aktionen haben.
SR ist dynamisch und wird durch Kreativität gestaltet. Deshalb würden SR-bezogene Gesetze und Regulierungen ein sozialverantwortliches Handeln eher behindern als fördern. Aber ein allgemeines effizientes Rechtssystem bleibt eine unverzichtbare Voraussetzung für gesellschaftlichen Wohlstand: es ist die Basis, auf der sich SR-Kulturen und SR-Aktionen etc. entwickeln können. Standards, einschließlich ISO 26000, können in ihrer SR fördernden Rolle nur auf effizienten Rechtssystemen aufsetzen.
Vorschlag:
Zur Sicherstellung der breitestmöglichen Akzeptanz und Nutzung eines einst veröffentlichten ISO 26000 Guidance Standard sollten die vielen bereits praktizierten SR-Aktionen gewürdigt und einbezogen werden, d.h. ihnen sollte ein ganzer Hauptpunkt in der Beratungsnorm gewidmet werden.
Um dies zu erreichen, sollte/n
- eine Special Study Group (SSG) eingesetzt werden, die sich aus Spezialisten zusammensetzt (SR-Praktikern und Forschern)
- die SR-Elemente (issues“), ihre Beziehungen untereinander und ihre Parameter untersucht werden, einschließlich der Rolle von Regierungen
- die in der Praxis wirksamsten Elemente identifiziert werden
- diese mit der realen Welt in einer professionellen Nutzerbefragung abgeglichen werden und
- sichergestellt werden, dass alle gewonnenen Erkenntnisse in den Text der schließlich veröffentlichten Fassung der ISO 26000 eingebracht werden.
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