Das Projekt ist in seinen Einzelheiten auf der ISO Website dargestellt: http://isotc.iso.org/livelink/livelink/fetch/2000/2122/830949/3934883/3935096/home.html?nodeid=4451259&vernum=0
Die folgenden Gedanken werden als ergänzende Information angeboten. Eine Schätzung der Projektkosten befindet sich am Ende dieser Seite.
Initiierung Unter der Überschrift Consumers call for the development of International Standards for Corporate social responsibility” berichtet ISO auf seiner Website http://www.iso.org/iso/pressrelease.htm?refid=Ref826 über den Workshop seines Verbraucherkomitees (Consumer Policy Committee, COPOLCO), der im Juni 2002 in Trinidad-Tobago stattfand.
ISO sagt in seiner Pressemeldung: “Some 170 representatives from business, industry, consumer organizations and standards bodies from throughout the world, as well as international organizations, attended the Trinidad workshop to examine the feasibility….”. Diese Feststellung gibt keinen Einblick in die Teilnehmerliste, aber die zwei Industrieteilnehmer aus den USA und aus Japan berichteten, dass sie die einzigen Industrievertreter waren. Deshalb sei erwähnt, dass das Projekt von der Verbraucherseite initiiert wurde.
Es sei auch erwähnt, dass die öffentliche Diskussion zu der Zeit von Skandalen beherrscht war, wie z.B. ENRON, und NIKE beschuldigt wurde, Produkte in Asien von Kindern herstellen zu lassen. Die Verbraucherorganisationen meinten, dass solche Missstände unter anderem durch einen ISO Standard zu sozialer Verantwortung behoben werden könnten, wobei sie besonders auf ISO’s weltweit guten Ruf und die transparenten Verfahren bauen würden.
SAG, die spezielle Beratungsgruppe (Special Advisory Group) Das ISO TMB (Technical Management Board) gründete diese Gruppe im Herbst 2002. Sie wurde beauftragt, das Vorhaben einer ISO Beratungsnorm zur sozialen Verantwortung“ im Detail zu prüfen bzgl. der mögliche Rolle und des Nutzens gegenüber existierenden und in Arbeit befindlichen anderen Standards auf diesem Gebiet. Der Autor dieser Website vertrat in der SAG die Interessen der europäischen Industrie.
Es war interessant, zum wiederholten Male diese Normungserfahrung zu beobachten: eine Arbeitsgruppe braucht drei Sitzungen, um ein Maß an persönlichem Verständnis und gegenseitiger Wertschätzung zu erreichen, das Voraussetzung für sinnvolle inhaltliche Verhandlungen ist.
Nach einer dicht gedrängten Sitzungsfolge hatte die SAG im April 2004 dem ISO/TMB ihren “Report” (den gibt es hier) gegeben, der ISO’s Möglichkeiten behandelte, Arbeiten auf dem Gebiet SR aufzunehmen (SR steht für Soziale Verantwortung, Social Responsibility). Ferner gab die SAG Empfehlungen [das Dokument gibt es hier] an das ISO/TMB zu
- den Voraussetzungen (“ISO should only proceed if:....”)
- Dass es ein “guidance standard” sein soll, also eine Beratungsnorm oder ein Leitfaden, nicht aber eine Anforderungsnorm
- Verfahrensfragen.
Juni 2004, Konferenz in Stockholm ISO organisierte diese Konferenz (siehe http://www.iso.org/iso/pressrelease.htm?refid=Ref917 ) hauptsächlich, um mit einer möglichst großen Öffentlichkeit die SAG-Empfehlungen und das weitere Vorgehen zu diskutieren. Die Entwicklungsländer brachten sehr deutlich zum Ausdruck, dass sie eine ISO-Norm wollen. In Anbetracht der SAG-Empfehlungen und der Schlussfolgerungen der Konferenz entschied das ISO/TMB noch in Stockholm, das Projekt zu starten.
NWIP, New Work Item Proposal, Vorschlag eines neuen Normungsvorhabens Das ISO Zentralsekretariat erarbeitete den Vorschlag (siehe hier das Dokument) und sandte ihn per 7. Oktober 2004 an seine über 150 nationalen Mitgliedsorganisationen zur Kommentierung und zur Abstimmung. Eine überwältigende Mehrheit stimmte dafür. Der Vorschlag enthält auch einen Zeitplan, aber es war wohl von Anfang an klar, das dieser nicht so verbindlich sein kann wie bei normalen ISO-Projekten, begründet durch die Komplexität der SR-Inhalte und der Projektorganisation.
Eine weitere interessante Quelle Die ISO Broschüre ‘Participating in the future International Standard ISO 26000 on Social Responsibility’ beschreibt weitere Einzelheiten, die Organisationstruktur der Arbeitsgruppe, ihre Mitglieder und die Liaison-Organisationen, die Experten zur Mitarbeit benannt haben. Sie informiert auch darüber, wie man an der Entwicklung der SR-Beratungsnorm mitarbeiten kann. Die Broschüre finden Sie unter folgendem Link: http://isotc.iso.org/livelink/livelink/fetch/2000/2122/830949/3934883/3935096/4451375/Participating_in_ISO_26000-LD_27_April_2006.pdf?nodeid=5300433&vernum=0
Eine faszinierende Arbeitsgruppe (Working Group, WG) Aus der Sicht eines aktiv beteiligten Beobachters“ (Observer) des Projektes erscheint es sinnvoll, ein paar Punkte zu erwähnen (der Autor konnte persönlich nur an der fünften Sitzung im November 2007 in Wien teilnehmen):
- Mit über 400 Mitgliedern ist die WG SR die größte derzeitige Arbeitsgruppe, wie berichtet wird
- Die Mitglieder der WG kommen aus mehr als 70 Ländern und Liaison-Organisationen; die Mehrheit arbeitet das erste Mal in einem ISO-Projekt mit
- Es ist nicht überraschend, dass das für erfolgreiche Verhandlungen notwendige gegenseitige persönliche Verständnis in einer so großen Arbeitsgruppe erst in der vierten Sitzung erreicht werden konnte
- Entwicklung und Fortschritte des Projektes von einem Arbeitsentwurf 1 (Working Draft 1, WD1) hin zu den WD2, WD3, WD4.1 und WD4.2 ist bewundernswert und zeigt ein perfektes evolutionäres Projektmanagement“ seitens der beiden Vorsitzenden und ihrer Beratungsgremien.
- The process evolution from Working Draft 1 (WD1) towards WD2, WD3, WD4.1 and WD4.2 is amazing and demonstrates a perfect “evolutionary management” by the two chairmen and their advisory boards.
Hier ist der Punkt, ein ausdrückliches Lob für ihre harte Arbeit und ihr Geschick zu platzieren: der Vorsitzende Jorge E. R. Cajazeira, sein Vize Staffan Söderberg, das von Kristina Sandberg und Eduardo Campos de São Thiago und besonders der brillante Leiter der IDTF (Integrated Drafting Task Force) Jonathon Hanks aus South Afrika haben ganze Arbeit geleistet; see also http://isotc.iso.org/livelink/livelink/fetch/2000/2122/830949/3934883/3935096/06_contacts/contacts.html
-
Die komplexen SR-Inhalte führten bei den letzten Arbeitsentwürfen zu je ca. 5000 Kommentaren. Dieses Menge Kommentare wurde gruppiert zu Schlüsselthemen“ (“key issues”), ein Vorgehen bei dem viele Einzelkommentare nicht direkt berücksichtigt werden konnten. Es ist aber auch verständlich, dass die Einzelkommentare erst bearbeitet werden können, wenn die Arbeitsgruppe zu den Schlüsselthemen Konsens erreicht hat
- ISO praktiziert in diesem Projekt eine Verfahrensinnovation, indem die Mitglieder aufgefordert wurden, sich selbst in Interessenkreisen (stakeholder groups) zu organisieren, die die Freiheit haben, ihre Konsensfindungsregeln selbst festzulegen.
CD-Phase (Committee Draft; Komitee-Entwurf) Vom 12. Dezember 2008 bis 12. März 2009 läuft die CD-Phase. Sie wird mit Schreiben des WG SR Führungsteams vom 27.3.2009 - in Übereinstimmung mit den ISO/IEC-Diektiven - beendet, weil die Abstimmung der ISO-Mitgliedsländer zu exakt der benötigten Zweidrittel-Mehrheit geführt hat; siehe auch die Analyse des Abstimmungsergebnisses.
DIS-Phase (Draft International Standard; Entwurf der Internationalen Norm) Die DIS-Phase beginnt mit der Sitzung der Arbeitsgruppe in Quebec City am 18. Mai 2009
Projektkosten, Schätzung Die internationale Standardisierung ist nicht billig. Die hier abgebildete Schätzung geht von niedrig angesetzten Werten der Parameter aus. Sie ist selbsterklärend. Sie soll nicht darlegen, ob die Projektkosten hoch oder niedrig sind. Sie dient einfach der Orientierung.
Für die Zeit von Anfang 2003 bis September 2009 sind das 72 Millionen US-Dollar (51 bei WG SR und 21 bei nationalen Spiegelgremien);
nicht enthalten sind die Kosten bei D-Liaison Organisationen.
Hier die Einzelheiten:
Kostenschätzung (mit niedrigen Werten)
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Parameter (durchschnittlich)
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SAG
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WG SR
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WG SR
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2008-11 to 2009-09
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Mitglieder
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16
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400
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430
|
Sitzungen
|
6
|
6
|
1
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Tage pro Sitzung
|
3
|
7
|
7
|
Arbeitstage zwischen Sitzungen
|
20
|
20
|
30
|
Arbeitskosten pro Tag (in USD)
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330
|
370
|
380
|
Arbeistskosten in Summe
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728640
|
23976000
|
6045800
|
|
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|
|
Reisen
|
6
|
6
|
1
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Transport & Hotel, pro Sitzung
|
2200
|
7200
|
7200
|
Reisekosten in Summe
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211200
|
17280000
|
3096000
|
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Arbeits- plus Reisekosten
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939840
|
41256000
|
9141800
|
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|
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in Summe
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51.337.640
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Die Formeln sind:
Arbeitskosten = Mitglieder x Sitzungen x (Tage pro Sitzung + Arbeitstage zwischen Sitzungen) x Kosten pro Arbeitstag
Reisekosten in Summe = Mitglieder x Reisen x Transport&Hotel pro Reise
Infrastrukturkosten bei ISO sind hier nicht berücksichtigt.
Die Kosten für nationale Spiegelgremien werden wie folgt geschätzt:
Schätzung der Kosten der nationalen Spiegelgremien
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(Niedrig angesetzte Durchschnittswerte)
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Parameter:
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Vom Start bis 2009-09
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Anzahl nationaler Spiegelkomitees
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NC
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80
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Teilnehmer pro Sitzung
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P
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12
|
Anzahl Sitzungen (erste, WD1, WD2, WD3, WD4.1, WD4.2, CD)
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NM
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7
|
Arbeitstage (am Arbeitsplatz und in Sitzungen)
|
WD
|
8
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Produktive Arbeitstage (NC*P*NM*WD)
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PWD
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53760
|
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Kosten eines Arbeitstages, in USD
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CWD
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325
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Kosten Personalaufwand (PWD*CWD)
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CP
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17472000
|
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Reisekosten pro Sitzung, in USD
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TM
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450
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Reisekosten, Summe (NC*P*NM*TM)
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CT
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3024000
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Personalkosten + Reisekosten
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20496000
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Somit ergeben sich insgesamt bis September 2009:
Kosten der WG SR
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51.337.640
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Kosten der nationalen Spiegelgremien
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20.496.000
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Projektgesamtkosten
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71.833.640
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gerundet
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72 Mio USD
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